Tischlerhandwerk in Niedersachsen/Bremen stellt sich für die Zukunft auf

Foto: Tischler Nord | v.l.nr.: Kreishandwerksmeister Karl-Heinz Bertram, Schriftsteller Wladimir Kaminer, stv. Obermeister Tischler-Innung Holzminden Marco Müller, Landesinnungsmeister Matthias Winter, stv. Bürgermeisterin Ruth Koßmann, Geschäftsführer Tischler Nord Matthias Wächter, Landrat Michael Schünemann und Obermeister Tischler-Innung Holzminden Carsten Kuhlmann

Bei der diesjährigen Landestagung von Tischler Nord, dem Verband des Tischlerhandwerks Niedersachsen/Bremen, sind gut 160 Betriebe aus 40 Tischler-Innungen in Holzminden vertreten. An zwei Tagen widmen sich die Teilnehmenden unter anderem Themen wie E-Mobilität, neue Arbeitszeitmodelle, Materialtrends, Möglichkeiten der Mitgliederwerbung für Innungen sowie politischen Entwicklungen in der Branche.

Die Eröffnungsveranstaltung beginnt am 21. April im Stiebel Eltron Energy Campus mit einem Musikbeitrag von Sebastian Hegener, gefolgt von der Begrüßung der Teilnehmenden durch den Landesinnungsmeister Matthias Winter, der seinen Dank an alle Ehrengäste ausspricht und über den Tagesablauf informiert.

Carsten Kuhlmann, Obermeister der Tischler-Innung Holzminden, heißt die Gäste und Aussteller ebenfalls Willkommen und verweist mit einem Augenzwinkern darauf, dass sich die Liebe zum Werkstoff Holz in Holzminden naturgemäß sogar auf den entsprechenden Autokennzeichen widerspiegelt. Seine humoristische Vorstellung des Ortes leitet bereits vielversprechend in die zwei Tage ein. Weiterhin erklärt Kuhlmann, dass die Location bewusst ausgewählt wurde, da Stiebel & Eltron ein echtes Vorbild im Bereich Wärmepumpen und deren Entwicklung sei. Dies stand ganz im Zeichen der Branche, die die jährliche Landestagung in diesem Jahr zum Anlass genommen hat, sich für die Zukunft aufzustellen. Landrat Michael Schünemann richtet im Anschluss ebenfalls einige Grußworte an das Publikum und lobte die Vorteile von Holzminden: die schöne Landschaft, mit grünen Tälern und Hängen und dem Weserradweg.

Bei einem anschließenden Rückblick sowie einem Ausblick für das Gewerk zieht Landesinnungsmeister Matthias Winter ein Fazit: Die letzten Jahre haben uns gelehrt, es kann alles passieren. Unter anderem Materialschwierigkeiten und politische Entscheidungen, wie die Ausweitung der EU-Bauprodukteverordnung, fordern die Branche heraus. Dennoch könne man hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, da der Wandel des Marktes vom Neubau zu einer stärkeren Fokussierung auf die Sanierung auch viele positive Aspekte biete.

Zum Einstieg in diese beiden arbeitsreichen Tage stellt der Schriftsteller und Kolumnist Wladimir Kaminer am Vormittag mit viel Witz seine Sicht auf das Thema „Klimawandel“ dar und rezitiert unter anderem die Kapitel „Ökologische Gerechtigkeit auf dem Raucherbalkon“ und „Die Gurken-Salate der Apokalypse“ aus seinem aktuellen Buch „Wie sage ich es meiner Mutter?“. Die Geschichten der auf einem Raucherbalkon aufwachsenden Amsel-Babys und die Interpretation der Algorithmen von Suchmaschinen werden dabei stets unterhaltsam aus den verschiedenen Sichtweisen der drei in Kaminers Haushalt lebenden Generationen beleuchtet.

Zum Ausklang des Vormittags präsentiert Sebastian Hegener den offiziellen Siegersong der Landesgartenschau Höxter 2023, bevor Ruven Bers, Chief Transformation Officer bei der Arineo GmbH, mit einem Impulsvortrag zum Thema New Work in das Nachmittagsprogramm startet. Bers räumt mit Klischees auf, definiert die eigentliche Bedeutung von „New Work“ und erklärt leicht verständlich den Prozess, den Unternehmen durchlaufen müssen, um neue Arbeitsmodelle umzusetzen. In erster Linie geht es seiner Meinung nach darum, das entsprechende Mindset zu entwickeln. Es komme darauf an, die eigene Haltung in Bezug auf Menschenbilder und Organisationsstrukturen zu ändern. Die Mitarbeiter sollen dazu befähigt werden, neue Aufgaben zu übernehmen oder Aufgaben anders zu bearbeiten und dabei aktiv an dem Veränderungsprozess teilzuhaben.

Wilfried Faltin, Geschäftsführer der Tischlerei Faltin, sowie Stephan Wöhltjen, Geschäftsführer der Tischlerei Wöhltjen, berichten anschließend aus der Praxis und wie sie den Prozess, die 4-Tage-Woche in ihren Betrieben umzusetzen, erlebt haben. Marko Müller, Geschäftsführer von Müller Treppenbau, überzeugt mit seinem Beitrag über die Etablierung von E-Mobilität in Handwerksunternehmen und zeigt anhand von Zahlen, was eine Umrüstung finanziell bringt. Anschließend startet das Rahmenprogramm und die Teilnehmenden besichtigen entweder die Landesgartenschau in Höxter oder besichtigen das UNESCO Weltkulturerbe Schloss Corvey

Der erste Tag klingt bei einem geselligen Miteinander und regen Austausch über die Inhalte im Ringhotel Niedersachsen aus. Der nächste Morgen startet dann mit dem Vortrag „Materialwachmacher“ von Hannes Bäuerle, Gründer der Raumprobe. Er gibt einen beeindruckenden Einblick in neue Trends und Entwicklungen von Werkstoffen und deren Bearbeitung. Thematisiert wurden anhand des Materialpreises 2022 beispielsweise ein Verbundmaterial aus Kaffee, gesunde Materialien wie Strohfurnier und Birkenrinde, Leichtbaumaterialien und, besonders interessant für die Branche, neue Trends im Tischlerhandwerk wie zum Beispiel ein Naturholzeffekt auf Wasserlackbasis.

Neben technischen Entwicklungen setzt die Branche sich jedoch auch mit dem Wandel in ihrer Innungs- bzw. Verbandsorganisation auseinander. Claudia Klemm, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin von Tischler Nord, leitet das Thema mit der Vorstellung der Ergebnisse einer Umfrage der Ruhr-Universität Bochum ein, die sich den Innungen im Wandel widmet. Kay Bechara, Innungsservice SdG GmbH, folgt mit einem Einblick in Möglichkeiten der Mitgliederwerbung für Innungen und der Erläuterung seiner Beratungsdienstleitungen.

Am Ende der Arbeitstagung erläutert Klemm die politischen Pläne des niedersächsischen Kultusministeriums bezüglich der Berufsfachschule. Tischler Nord versucht hier seit geraumer Zeit, unter anderem als Mitglied im Landesausschuss Berufsbildung, gegenzusteuern und die Neustrukturierung abzuwenden oder für das Tischlerhandwerk eine Ausnahmeregelung zu erwirken. Passend zum Thema Ausbildung schließt die zweitägige Arbeitstagung der Branche der beiden Bundesländer mit der Entscheidung über offene Themen im Bereich der Nachwuchswerbung für das Tischlerhandwerk.

Zwischen einzelnen Programmpunkten werden Martina Felgendreher, seit 29 Jahren betriebswirtschaftliche Beraterin bei Tischler Nord, und Anne Minnerup, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, mit anerkennenden Worten zu ihrer Arbeit verabschiedet. Martina Felgendreher geht in den wohlverdienten Ruhestand und Anne Minnerup widmet sich aus familiären Gründen anderen beruflichen Herausforderungen.

Der zweite Tag endet mit der offiziellen Mitgliederversammlung von Tischler Nord.

Die nächste Landestagung ist für den 26./27. April 2024 in Soltau geplant.

Bei Abdruck freuen wir uns über ein Belegexemplar (Download PDF).
Die Bilder sind hier herunterzuladen: https://we.tl/t-C0z6TvXqLo